Der Fall Nawalny taugt nicht für Sanktions-Spielereien

Der Rummel um den sogenannten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist ein Paradebeispiel für die Doppelmoral der derzeitigen deutschen Außenpolitik. Bar jeden Beweises wird die russische Regierung der Täterschaft bezichtigt. Außenminister Maas hat förmlich Schaum vorm Mund, wenn er über Nawalny spricht. Maßgebliche deutsche Politiker sind in einen aberwitzigen Überbietungswettbewerb im Hinblick auf Sanktionen eingetreten.

Das war nicht immer so! Im Fall des Journalisten Jamal Khashoggi steht unumstößlich fest, dass dieser im Auftrag des saudiarabischen Königshauses am 2. Oktober 2018 in Istanbul von einem Killerkommando förmlich geschlachtet wurde. Auch nachdem das Königshaus seine Täterschaft eingeräumt hatte, passierte nichts. Erst im November belegte die Bundesregierung 18 saudische Staatsangehörige, die in Verbindung mit der Ermordung des Journalisten stehen, mit Einreisesperren und legte Rüstungsexporte auf Eis.

Ganz unabhängig vom Fall Nawalny: Was haben die gegen Russland verhängten Sanktionen gebracht? Außer negativen Auswirkungen auf die gesamtdeutsche Wirtschaft: Nichts! Im Gegenteil. Dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft zufolge betrug das Minus im Gesamthandelsvolumen mit Russland in Thüringen für den Zeitraum 2013 bis 2019 satte 33,7 Prozent. Die Sanktionen gegen Russland zeigen also ihre negativen Auswirkungen – allerdings vorwiegend auf die heimische Wirtschaft des Freistaats.

Zwar verkündete Wirtschaftsminister Tiefensee im Mai 2019, dass der Tiefpunkt im Thüringer Handel mit Russland überwunden sei. Immerhin habe sich das Volumen wieder um rund 40 Prozent auf knapp 300 Millionen Euro 2018 erhöht. Zur Wahrheit gehört aber auch: Einstige Werte von über 400 Millionen Euro wurde seit 2014 nicht mehr erreicht!

Zurück zum Ausgangspunkt: Ohne Täter, ohne gerichtsfeste Beweise will man erneut auf den Pfad der Sanktionen zurückkehren. Betrachtet man die Person Nawalny, so wird schnell klar, dass er als deutscher Oppositioneller längst das Kainsmal des Nationalisten und Nazis tragen würde. Laut MDR sprach Nawalny sich etwa für freien Waffenbesitz aus für den Fall, „dass Kakerlaken in unsere Wohnung eindringen“ – gemeint waren mit den Kakerlaken Migranten. Zwar distanzierte er sich damals schon von gewaltbereiten Neonazis, forderte jedoch die „präzise, aber bestimmte Deportierung von dem, was uns stört“.

Gerade in der jetzigen Corona-Krise gilt: Jeder Handelspartner wird gebraucht, um gemeinsam aus der Krise wieder herauszukommen. Neue Sanktionen wären dabei kontraproduktiv. Stattdessen braucht es schnelle Schritte hin zur Normalität. Eine windige Gestalt als Monstranz vor dem Sanktionszug herzutragen,  ist nicht nur doppelmoralisch, sondern verlogen. Wenn „business as usual“ für Saudiarabien und selbst den Iran gilt, darf es keine Lex Russland geben. Der (Handels)Partner Russland ist auch für Thüringen zu wichtig, um mit ihm bundespolitische Spielereien zu betreiben.


Karlheinz Frosch

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